Dein Dreitagebart ist bald ‘ne Woche alt und genauso lange isst du auch schon die Tomatensuppe, manchmal warm, doch meistens eher kalt. Wertvolle zwei Minuten, denn Zeit ist dir heilig und das obwohl du doch nie welche hast. Kaiser Mueller-Kral hat den Chat verlassen, weil er seit drei Monaten jede Nachricht zur Seite streicht, weil’s ihm Anxiety gibt, zum wiederholten Male abzusagen. Dass das dem Sozialleben schadet, muss man nicht extra erwähnen, aber tiefer als ‘n U-Bahn-Schacht kann es doch sowieso nicht gehen. Und zirka dort steht man doch, wenn mit 25 Jahren plötzlich wieder der Zwillingsbruder die einzig wahre Bezugsperson ist. Dein Freundeskreis hat sich über die Staaten verstreut und du blickst nicht hinterher, sondern immer wieder auf dieses eine Foto von euch, das in dem Spind mit deiner Sportbekleidung liegt. Neben Medizinstudium und Praktikum in der Pathologie bleibt nicht viel übrig von der heiligen Zeit, auf keinen Fall genug, um sich darum zu kümmern, dass alle sonst es ja doch irgendwie geschafft haben, sich neue Leute zu suchen. Aber du streckst hoffnungsvoll die Finger nach den alten aus – hast wohl ‘ne Affinität für das, was nicht mehr zu retten ist.


Nicht mehr zu retten – deine Frisur, dein Beziehungsstatus (single, duh) und du, zumindest wenn es nach Mama geht. Wer studiert schon ewig Medizin, um dann an Toten rumzuschneiden? Und sie ist nicht die Einzige, die komisch guckt. Blakes Freundin hat es auch getan und manchmal glaubst du, dass dein bester Freund vielleicht deswegen ausgezogen ist. Platz gemacht hat für deinen Bruder, WG im 5300 S. Drexel Boulevard und vielleicht ist’s einer von denen, der voller zerbrochener Träume ist. Aber an einem hältst du fest, willst lang schon Pathologe werden und vielleicht macht’s dir alle anderen kaputt. Und wenn schon.